Grumsmühlen

Grumsmühlen war ursprünglich ein schatzfreies und, wie der Name besagt, mit einem Mühlenregal berechtigtes Erbe im Besitz der Grafen von Tecklenburg als Herren zu Lingen. Am 21. Oktober 1332 (1) schenkte aus ihm Graf Nicolaus der Kirche in Lengerich auf der Wallage eine Abgabe von zwei Pfund Wachs. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war der Hof im Obereigentum der Fraterherren zum Springhorn in der Stadt Münster, die ihn durch einen Eigenbehörigen Albert Gödding, auch Grumsmöller (2) genannt, bewirtschaften ließen. Nach einer Aufzeichnung in der Chronik des Völkerhofes (3) in Lengerich sollen die Fratres diesen einst aufgefordert haben, sie nach Lingen und weiter nach Veete zu fahren. Unterwegs uneinig geworden, hätte er die Fratres absteigen und zu Fuß gehen lassen, worüber sie so entrüstet gewesen wären, daß sie dem Bauern gedroht hätten, ihn und seinen Hof einem strengeren Herrn zu übereignen. Jedenfalls strengten sie einen Prozeß auf Abmeierung des Eigenbehörigen an und erreichten in der Berufungsinstanz am 12. Januar 1562 (2) ein obsiegendes Urteil. Sie verkauften um diese Zeit Grumsmühlen (2) an den Lingener Rentmeister Adolf van Limborg. Dieser soll nach der angeführten Chronik (4) auf Grumsmühlen ein neues Herrenhaus mit einem Turm erbaut und beides mit einer Gräfte umgeben, den Eigenbehörigen jedoch stark bedrückt haben. Dessen Söhne hätten sich deshalb eines Tages, als der Rentmeister von Grumsmühlen nach Lingen gefahren wäre, auf die Lauer gelegt und ihn erschossen. Sie wären daraufhin nach Ostfriesland geflohen. Adolfs Sohn und Amtsnachfolger Friedrich van Limborg veräußerte Grumsmühlen am 31. Juni 1572 (2) an den Lingener Drosten Ernst Mulert.

Dieser entstammte einem alten holländischen Adelsgeschlecht, das auf dem Gut Laar bei Ommen ansässig war. Sein Vater Seyno Mulert wird 1521 als Richter in Ommen, 1541 als Drost zu Salland genannt. Ernst war während der spanischen Besitzzeit der Grafschaft Lingen ins Land gekommen, als im Zuge der Gegenreformation die Stellen der Verwaltungsbeamten und militärischen Befehlshaber mit Katholiken besetzt wurden. Die Zeit seiner Ernennung steht nicht fest. In dem Protokoll eines Holzgerichtes vom 5. Juni 1570 erscheint er als Drost zu Lingen. Später bezeichnete er sich als Drost des Schlosses, der Stadt und des Landes Lingen und als Hauptmann zweier Kompanien deutscher Truppen in spanischen Diensten. Dem Brauche der Zeit folgend war er bemüht, in seinem Verwaltungsbezirk begütert zu werden. Diesem Bestreben diente die am 31. Juli 1572 (2) erfolgte Erwerbung des Mühlenerbes Grumsmühlen. Dessen Größe betrug damals 4 Maltersaat Ackerland, 4 Scheffelsaat Gartenland, 30 Fuder Heuwuchs und soviel Holz, daß 30 Schweine darin gemästet werden konnten. Mulert vergrößerte das Erbe durch weitere Ankäufe. Bereits am 23. Juni 1571 (2) hatte er von dem Convent des Klosters Oesede das Erbe Pölling in der Bauerschaft Espel mit dem blutigen und Kornzehnten daselbst und von Rentrup erworben. Im Jahre 1572 (2) erstand er von Nicolaus v. Snetlage zu Lonne die Höfe Schliemer und Koldehof in Espel und Eggermann im Kirchspiel Bakum und am 13. Oktober 1574 (2) von den Markgenossen des Kirchspiels Lengerich ein an die Wrechten Grumsmühlens grenzendes Stück Heideland. Am 2. Dezember l580 (4) bewilligte ihm die Lingener Bürgerschaft Schaftrift und Plaggenmahd in der Lingener Mark und überließ ihm am 26. Juli 1583 (4) einen bei Grumsmühlen gelegenen, Vogelpoel genannten Teich. Den bedeutendsten Zuwachs jedoch erhielt Grumsmühlen durch Ankauf von Teilen des nach dem Aussterben der Familie v. Swartewold durch Erbteilungen zersplitterten alten Gutes Thuine. Wie bei dessen Geschichte ausgeführt, erwarb Mulert in den Jahren 1576 und 1577 von diesem die Erben Hermann Schulte, Johann Stielhaus, Johann Strick und Roleff Borries im Dorf Thuine und das umschichtig mit dem Hause Hange auszuübende Patronatsrecht über Pastorat und Küsterei der Thuiner Kirche. Durch die Übertragung Thuiner adliger Gerechtigkeiten auf Grumsmühlen machte er dieses zu einem ritterschaftlichen Gut.

Ernst Mulert war vermählt mit Cunera v. dem Campe aus der Linie, die zu Clooster bei Coevorden und zu Kamphaus bei Bokeloh ansässig war. Ein noch vorhandener Stein mit beider Wappen trägt die Inschrift «Fundavit 1560», die Ehe wird demnach um diese Zeit geschlossen worden sein. Das Ehepaar schenkte der Kirche in Thuine im Jahre 1583 eine Glocke, auf der beider Namen eingegossen sind.

Ernst Mulert wurde am 1. Januar 1588 (5), als er sich an den Hof nach Brüssel begeben wollte, bei Lochum in Westfalen von Niederländern überfallen und getötet. Nach einem Brief aus dem Jahre 1580 hatte er 7 Söhne und 6 Töchter. Von seiner Wohlhabenheit zeugt der Umstand, daß er einer dieser, Anna Magdalena, bei ihrer Verheiratung mit Johann v. Gladebeck zu Schwegerhof den für damalige Zeiten erheblichen Brautschatz von 3000 Talern ausbezahlen konnte.

Grumsmühlen blieb zunächst im Besitz seiner Witwe, die am 4. Oktober 1596 (2) mit Claus v. Snetlage zu Lonne, der ebenfalls Erbanteile an Thuine besaß, die frei gewordene Küsterstelle in Thuine besetzte. Am 12. Juni 1612 machte sie ihr Testament, wird also bald darauf gestorben sein. Sie wurde in Utrecht bestattet, wo auch ihr Mann seine letzte Ruhestätte gefunden hatte. Der Sage nach soll sie noch jetzt als weiße Frau auf Grumsmühlen umgehen.

Ihre Kinder hatten am 1. August 1608 (2) eine Erbteilung gemacht. Der älteste Sohn Johann sollte danach das Gut Grumsmühlen, sein Bruder Ernst das Gut Laar erhalten. Die jüngeren Söhne wurden mit Erben abgefunden, wodurch Grumsmühlen nicht unwesentlich verkleinert wurde. Einer von ihnen, Dietrich, der sich auch erbgesessen zu Grumsmühlen nannte, wurde Domherr in Utrecht. Unter Berufung auf das dem Hause Grumsmühlen zustehende Patronatsrecht wehrte er sich 1644 gegen die Einsetzung eines reformierten Pfarrers in Thuine. Seine Bemühungen, die Pfarre mit einem katholischen Geistlichen zu besetzen, waren aber trotz der Vermittlung des Kurfürsten von Köln erfolglos.

Johann Mulert war 1581 im Alter von 17 Jahren König der Kivelinge in Lingen, einer Lingener Jugendvereinigung, gewesen, wie sein an der Königskette befindliches Schild zeigt. Im Jahre 1613 war er mit Maria del Rio verheiratet. Unter ihm stieg sein Geschlecht zur höchsten Blüte auf. Er wurde Leutnant der Archer gardes des Herzogs Albrecht von Österreich, einer aus Bogenschützen bestehenden Ehrenwache, Ritter des Ordens von Calatrava, Kriegsrat und Ehrenküchenmeister (eine österreichische Hofwürde) von Österreich und Generalkommissar von Hegenau. Durch Kaiserliches Diplom vom 1. April 1635 wurde er zum erblichen Grafen von Hautetrappe, einer von ihm angekauften Grafschaft bei Ath in Belgien, erhoben. Seiner Witwe wurde diese Würde am 9. April 1647 bestätigt.

Johann hinterließ außer zwei Töchtern einen Sohn Albert, der sich mit Maria v. dem Tempel vermählte. Dessen dem Namen nach unbekannter Sohn starb jung, wodurch die Grafenwürde der Mulerts wieder erlosch.

Johann mochte an diesem einsam gelegenen Gut Grumsmühlen kein Interesse haben. Er verkaufte es am 4. April 1613 an seinen Bruder Ernst. Dieser hatte schon am 24. April 1606 von Rudolf v. Snetlage zu Lonne dessen Anteil an der Thuiner Erbschaft, nämlich die Erben Schulte, Knakemöller, Wiggers und Diesteljohann in Thuine, das Erbholz- und Burgericht über die Thuiner Mark und eine Teilgerechtigkeit an dem Thuiner Patronatsrecht angekauft. Ernst Mulert war wie sein Vater eine Zeitlang Drost zu Lingen. Er vermählte sich mit Adelheid v. Frese zu Hinte. Die Porträts dieses Paares befinden sich noch im Hinter Herrenhaus. Im Jahre 1643 schenkte er der Thuiner Kirche eine zweite Glocke, deren Inschrift ihn als Patron dieses Gotteshauses bezeichnet. Bald darauf muß er verstorben sein, da Adelheid 1644 als Witwe genannt wird. Sie selbst verschied am 18. August 1652. Beide Ehegatten wurden in dem Erbbegräbnis auf dem Chor der Thuiner Kirche beigesetzt, wo sich auch ihre Grabsteine befinden. Von ihren Kindern starben Ernst Arnold am 15. März 1631, Ferdinanda Nonda am 11. April desselben Jahres. Auch sie wurden in der Kirche in Thuine bestattet, in der ihnen ein von dem Osnabrücker Bildhauer Adam Steenelt verfertigtes Epitaph errichtet wurde. Die Grabdenkmäler sind bei der Geschichte des Gutes Thuine näher behandelt. Eine weitere Tochter, Norma Ferdinanda, hatte sich mit dem Kapitain Hendrick Glauw zu Campen (Holland), der einem niederländischen Adelsgeschlecht angehörte, das am 25. Juli 1653 auch in den deutschen Adelsstand erhoben war, vermählt. Sie scheint 1631 verstorben gewesen zu sein. Ihr Sohn Ernst Heinrich Glauw gen. Mulert wurde von seiner Großmutter Adelheid zum Erben von Grumsmühlen eingesetzt. In den Jahren 1644, wo er noch minderjährig war, und 1651 wird er bei Rechtshandlungen mit ihr zusammen genannt. 1645 hatte sie für ihn das Gut Kamphaus angekauft. Später hielt sich Ernst Heinrich zumeist in Holland auf. Prozesse mit der Witwe des Albert Mulert, Maria Anna Gräfin v. Hautetrappe geb. v. dem Tempel, Mißwirtschaft und auch wohl die Ungunst der Folgen des 30jährigen Krieges führten jedoch während seiner Besitzzeit einen starken Verfall Grumsmühlens herbei. Nach seinem Tode um 1670, der der Überlieferung nach durch Selbstmord nach einem großen Spielverlust eingetreten sein soll, lag eine so große Verschuldung des Gutes vor, daß seine Erben es nur unter Vorbehalt der beschränkten Haftung übernehmen wollten. Einige zum Gut Thuine gehörende Erben waren von dessen früheren Besitzern zu Lehn ausgegeben worden und die Lehnshoheit zum Teil an Grumsmühlen übergegangen. Als nach dem Tode des Ernst Heinrich Glauw der Amtsrentmeister Johann Heinrich Martels zu Dankern am 8. Oktober 1670 einen Beauftragten nach Grumsmühlen schickte, um einen Mutschein zu erbitten, wurde ihm dort mitgeteilt, es herrsche auf dem Gut ein völlig desolater Zustand, man wisse noch nicht, wer es antreten würde. Ernst Heinrichs Sohn Gerrit Kraft Glauw versuchte zwar das Gut zu halten, konnte jedoch die Gläubiger nicht befriedigen. Grumsmühlen wurde deshalb in Konkurs gezogen und am 30. Juni 1673 (6/2) für 20 010 Taler an den Oberstleutnant Joachim v. Böselager zu Eggermühlen im Fürstentum Osnabrück verkauft. Es kam dabei noch zu Differenzen zwischen der Landesregierung und der Lingener Ritterschaft, die verlangte, daß die Rechtsgeschäfte nicht vor dem Niedergericht, sondern vor dem Hofgericht, wohin Grumsmühlen als adliges Gut gehöre, verhandelt würden. Die Besitzerfolge des Gutes ist fortan die gleiche wie die Eggermühlens. Dem Sohne Joachims, Wolfgang v. Böselager, wurden die Landtagsfähigkeit und die sonstigen ritterschaftlichen Privilegien von Grumsmühlen, die den Mulerts zeitweilig streitig gemacht worden waren, d. d. ´s-Gravenhage den 13. Februar 1680 vom Prinzen von Oranien bestätigt.

Die Herren v. Böselager haben Grumsmühlen nur vorübergehend bewohnt, waren aber vielfach in Landesangelegenheiten und besonders in der Wahrung der Interessen des katholischen Teiles der Bevölkerung tätig. So widersetzte sich Joachim v. Böselager 1677 der Besitzergreifung der Thuiner Kirche durch die Protestanten, Kaspar Heinrich war 1753 Direktor der Stände und der Ritterschaft Lingens und sehr um die Rückgewinnung der katholischen Schulen und Armenmittel bemüht, der Landdrost Maximilian Friedrich gehörte nach den Freiheitskriegen zur Spezialkommission für die Organisation der politischen und kirchlichen Angelegenheiten in der Grafschaft Lingen. Dessen Enkel Maximilian verkaufte Grumsmühlen im Jahre 1898 an seinen Bruder Friedrich aus der zweiten Ehe seines Vaters Clemens mit Ferdinandine v. Wrede zu Melschede. Friedrich erbaute in diesem Jahre auf dem Gute eine Kapelle, deren Mitbenutzung den Umwohnern gestattet ist. Von ihm ging Grumsmühlen am 8. August 1905 durch Kauf an den Landwirt und Kaufmann Karl Nolte aus Münster über. Dieser veräußerte das Gut am 29. Oktober 1923 an den jetzigen, mit Rosalie Freiin v. Heyden-Linden vermählten Besitzer Prinz Anton v. Croy.

Die Gerechtigkeiten des Gutes sind bereits im Text behandelt. Die von der Familie van Limborg auf Grumsmühlen errichteten herrschaftlichen Gebäude wurden 1650 als baufällig bezeichnet. Das jetzige, wohl aus Böselagischer Zeit stammende Herrenhaus wurde im Jahre 1842 renoviert. Die Größe des Gutes beträgt 228 ha.

Quelle: s.u.


Quelle: s.u. - Abbildung 9a

Grumsmühlen


Quelle: s.u. - Abbildung 12a

Thuine, Kirche
Grabmal der Familie Mulert,
von Adam Steenelt (1631)


Quellen:
(1) Archiv Darfeld, Abt. Lengerich.
(2) Archiv Eggermühlen, Abt. Grumsmühlen.
(3) Chronik des Völkerhofes in Lengerich, Kreis Lingen.
(4) Desgl.
(5) Archives générales du Royaume in Brüssel.
(6) Groeteken, Das alte Rittergut Eggermühlen in seiner geschichtlichen Entwicklung, Lingen-Ems 1913.


Quelle:
Rudolf vom Bruch: Die Rittersitze des Emslandes, Verlag Aschendorff, Münster Westfalen 1962, S. 127-130

Quelle: www.heimatarchiv.de zurück