Der Landkreis Emsland
Struktur und Entwicklung


Einleitung

Die Teststrecke der Magnetschwebebahn Transrapid, die Papenburger Meyer-Werft und das Mercedes-Benz-Prüfgelände sind nur einige Beispiele für wirtschaftliche Spitzentechnologien im Landkreis Emsland. Noch vor 40 Jahren hätte dieser Region sicherlich kaum jemand eine solche Entwicklung vorausgesagt. Erst mit dem nahezu legendären "Emslandplan" wurden ab 1950 die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Aufschwung der Region geschaffen.

Der Landkreis Emsland, der im Jahr 1977 (am 1. August) aus den Kreisen Aschendorf-Hümmling, Meppen und Lingen hervorging, erstreckt sich über 2.880 qkm von der nordrhein-westfälischen Landesgrenze bei Rheine bis zur Grenze Ostfrieslands bei Papenburg. Nachbarn im Westen sind die Niederlande, zu denen über eine rd. 60 km lange gemeinsame Staatsgrenze hinweg vielseitige wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen bestehen. Im Osten grenzt das Kreisgebiet an die Landkreise Cloppenburg und Osnabrück, im Südwesten an den Landkreis Grafschaft Bentheim.

Hauptverkehrsader ist die von Norden nach Süden verlaufende "Emsachse", die sich mit beachtlichen Schritten zu einem leistungsfähigen Verkehrs- und Wirtschaftsraum im transeuropäischen Verkehrsnetz entwickelt. Mit der Ems, dem Dortmund-Ems-Kanal, der DB-Strecke 395, der Bundesstraße 70 und der noch nicht ganz fertiggestellten Emsland-Autobahn A 31, verbindet sie das Emsland schon heute mit den großen Wirtschaftszentren. Auch die bedeutsamen zentralen Orte konzentrieren sich hier: die Mittelzentren Lingen (Ems), Meppen und Papenburg sowie der industrielle Schwerpunktort Dörpen.

Ein tiefgreifender struktureller Wandel ist abgeschlossen. Noch vor vier Jahrzehnten prägte die Landwirtschaft das Erwerbsleben im Emsland. Heute dominieren moderne Industrie- und Gewerbebetriebe das emsländische Wirtschaftsleben. Ein breit gefächerter Branchenmix mit vielen mittelständischen Spezialbetrieben ist hier gewachsen, gepaart mit einer Reihe großer Industrieunternehmen der Holz- und Kunststoffverarbeitung, der Maschinen-, Fahrzeug- und Schiffbaubranche und der Energiewirtschaft. Ein junges, engagiertes und gut ausgebildetes Arbeitskräftepotential sichert dem Emsland auch für die Zukunft hervorragende Entwicklungsmöglichkeiten.

Unverwechselbar ist der Landkreis Emsland, der als zweitgrößter Landkreis bundesweit flächenmäßig sogar das Saarland übertrifft, durch seine vielfältigen Landschaftstypen. Diese Tatsache nutzt das Emsland seit einigen Jahren verstärkt zum Ausbau des Fremdenverkehrs. Attraktive Angebote für einen Kurzurlaub und hervorragende Rad- und Wasserwandermöglichkeiten machen das Emsland zu einer aufstrebenden Ferienregion.

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Naturräume, Siedlungen und Wirtschaft

Mit dem Emstal, den links- und rechtsemsischen Mooren, dem Hümmling, den Lingener, Lohner und Emsbürener Höhen, der Aa- und der Haseniederung umfaßt das Kreisgebiet viele Naturräume mit unterschiedlichen Lebens- und Wirtschaftsbedingungen.

Die zentrale Achse bildet das 2-4 km breite Emstal. Die Ems durchfließt hier in weit ausschwingenden Mäanderbögen eine an Altwässern reiche Talaue.

Auf beiden Seiten wird die Talaue von Dünen- und Flugsandgebieten begleitet, die Ende des vorigen Jahrhunderts wegen ihrer unfruchtbaren Böden überwiegend aufgeforstet wurden, nachdem sich hier zuvor über lange Zeit hinweg eine kahle Heidelandschaft mit offenen Sandwehen und Wanderdünen ausgedehnt hatte. In dichter Folge erstreckt sich eine Kette zumeist kleiner alter Haufendörfer beidseitig flußabwärts. Die an wichtigen Flußübergängen gelegenen Siedlungen sind zu Städten gewachsen oder haben sich zu prächtigen Dörfern entwickelt.

Der bedeutendste wirtschaftliche Schwerpunkt des Emslandes ist die Stadt Lingen (Ems). Sie hat sich dank ihrer günstigen Verkehrslage zum größten Industriestandort des Kreises entwickelt. Neben der traditionellen Textil- und Bekleidungsindustrie, einem großen Acrylfaserwerk, der Kunststoff- und Metallverarbeitung, dem Maschinenbau, sind es vor allem die 1950/53 errichtete Erdölraffinerie, ein seit 1973 betriebenes Elektrostahlwerk und das 1988 in Betrieb genommene Kernkraftwerk, die das gewerbliche Leben der Stadt bestimmen. Außerdem verfügt Lingen als ehemalige Kreisstadt über zentrale Funktionen in den Bereichen Bildung und Verwaltung. Seit der Eröffnung einer Fachhochschule als Außenstelle der FH Osnabrück 1995 ist Lingen nach über 100 Jahren auch wieder Hochschulstandort.

Die Kreisstadt Meppen verdankt ihre hohe Verwaltungszentralität vor allem zahlreichen Behörden. Bedeutendster Arbeitgeber ist die Wehrtechnische Dienststelle 91 der Bundeswehr, mit rund 1.400 Beschäftigten. Daneben finden sich in erster Linie kleinere und mittlere Gewerbe-, Handwerks- und Industriebetriebe (Kunststoff-, Holz- und Metallverarbeitung, Werkzeugmaschinenherstellung) und das 1974 in Betrieb genommene Erdgaskraftwerk Hüntel. Der SV Meppen, von 1987 bis 1997 in der 2. Bundesliga, ist noch immer einer der Zuschauermagneten der Region.

Die Stadt Haren (Ems) ist traditionell eng mit der Schiffahrt verbunden. Neben der Werftindustrie fallen Betriebe des Maschinenbaus und der Kunststoffverarbeitung ins Gewicht. Von überregionaler Bedeutung ist der Erholungsschwerpunkt "Ferienzentrum Schloß Dankern". Mit seinem umfangreichen Freizeitangebot und insgesamt über 600 Ferienhäusern unterschiedlichen Typs verzeichnet die Stadt allein hier mehr als eine halbe Million Übernachtungen (1996).

Zwischen Lathen und Dörpen befindet sich die vom Bundesminister für Forschung und Technologie geförderte Versuchsanlage des Magnetschwebebahnprojekts "Transrapid" mit einer Gesamtlänge von 31,5 km. Der Transrapid ist als dezentrales Projekt für die EXPO 2000 in Hannover registriert worden. Von erheblicher verkehrspolitischer Bedeutung für das Emsland ist das z. Z. einzige voll funktionierende Güterverkehrszentrum in Niedersachsen, das GVZ Emsland, mit seinem Standort Dörpen und der Dependance in Lingen/Geeste.

Jahrhundertelang war das Emsland ein Land öder Moor- und Heidegebiete. Zu ihnen gehören die ausgedehnten und früher weitgehend unzugänglichen Hochmoore links und rechts der Ems (z. B. Bourtanger Moor). Zwar hatte es seit dem 17. Jahrhundert mehrere Kolonisationsphasen gegeben, aus der vereinzelte, noch heute bestehende Moorsiedlungen hervorgegangen sind (z. B. Twist, Rühlertwist, 1788), doch blieben im Gegensatz zu den wirtschaftlich erfolgreicheren Fehnkolonien der Niederländer die Siedlungen auf der deutschen Seite lange Zeit ohne wirtschaftliche Basis, weil für eine rentable Brenntorfgewinnung der Absatzmarkt fehlte. Verbesserungen brachten erst der Bau des 112 km langen links-emsischen Kanalnetzes (1871 bis 1903) und die Einführung der deutschen Hochmoorkultur.

Die entscheidende Erschließungsphase der Emslandmoore geht jedoch auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Im Mai 1950 wurde vom Bundestag der Emsland - Plan beschlossen, einerseits aufgrund der Notwendigkeit, rd. 150.000 Ostvertriebene anzusiedeln, andererseits als Antwort auf die Gebiets- und Entschädigungsansprüche der Niederländer und nicht zuletzt wegen der reichen Erdgas- und Erdölvorkommen, die hier seit 1942 erschlossen worden waren (Felder: Dalum, Rühle, Hebelermeer).

Im Rahmen der Emslanderschließung wurden mehrere neue Dörfer angelegt oder erweitert. Rund 1.250 Neusiedlerhöfe sowie etwa 5.000 Nebenerwerbsstellen entstanden. Pumpstationen, Pipelines, Ölaufbereitungsanlagen, Arbeitersiedlungen der Erdölindustrie, neue Geschäfte und zahlreiche Industriebetriebe sind neben hochmechanisierten Torfwerken weitere Merkmale dieser Erschließungsära.

Eine der wenigen Ausnahmen traditionsreicher Moorkolonien ist die Stadt Papenburg, die als älteste und größte deutsche Fehnkolonie 1631 anstelle der zerstörten Burg und Grenzfestung durch den fürstbischöflich münsterschen Drosten des Emslandes, Dietrich von Velen, an der Grenze zu Ostfriesland angelegt wurde. Haupterwerbsquellen wurden nach dem Niedergang der Torfwirtschaft dank eines Stichkanals zur schiffbaren Ems der Schiffs- und Maschinenbau sowie die Seeschiffahrt, die im 18. und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ihre Blütezeit hatten. In jüngster Zeit macht sich Papenburg auch durch zahlreiche Aktivitäten im Bereich Film und Fernsehen als "Medienzentrum" einen Namen.

Von ehemals 20 Werften ist nur noch die Meyer-Werft als Spezialschiffbauwerft geblieben, die jedoch mit ca. 1.900 Beschäftigten und wegen der vielen Zulieferbetriebe für die gesamte Region um Papenburg von immenser Bedeutung ist. Daneben sind, vor allem im abgeschleusten Hafengebiet, zahlreiche Industriebetriebe ansässig geworden (Maschinenbau, Spanplatten-, Hobel- und Sägewerke, Kunststoff- und Gardinenwerk, Textil- und Süßwarenindustrie, Metallverarbeitung, Torf- und Bauindustrie). Bekannt ist Papenburg ferner durch seinen Gartenbau. Mehr als 100 Gemüse- und Blumenanbaubetriebe haben sich zu einer leistungsfähigen Vermarktungseinrichtung (Gartenbauzentrale) zusammengeschlossen. 1997 wurde zudem das von Mercedes-Benz projektierte und erstellte Versuchsgelände für PKW und LKW in Betrieb genommen.

Im Hümmling, dessen Windberg bis auf 73 m über NN ansteigt, konzentrieren sich die alten Bauerndörfer fast ausnahmslos auf die fruchtbareren Geschiebelehminseln. Die nährstoffarmen Dünen- und Flugsandgebiete sind dagegen mit Nadelhölzern aufgeforstet, so daß der Hümmling das waldreichste und mit seinen rd. 90 Großsteingräbern, seinen Heideflächen und dem fürstbischöflich-münsterischen Jagdschloß Clemenswerth (heute: Sitz des "Emslandmuseums" und der "Emsländischen Landschaft") ein für den Fremdenverkehr attraktives Gebiet des Emslandes ist.

Geschlossene Waldbestände tragen auch die kuppig-sandigen Endmoränenreste der Lingener und Lohner Höhen. Dagegen handelt es sich bei den ebenfalls zur Rehburger Eisrandlage gehörenden Emsbürener Höhen mit ihren anlehmigen Böden um eine alte Acker- und Siedlungsinsel, die inmitten der Emsniederung liegt.

Nach Norden und Süden dachen sich die Lingener Höhen in die von vielen Wasserläufen durchzogenen Talsandgebiete der Aa- und Haseniederung ab. Ihre grundwassernahen und teilweise vermoorten Böden werden von Wiesen- und Weideland, die trockeneren auch von Nadelwäldern eingenommen, während sich die Ackerflächen und mit ihnen die ältesten Siedlungen auf vereinzelte Grundmoräneninseln und die erhöht gelegenen Uferdämme der beiden Flüsse beschränken. Das Hasetal, geprägt durch den Lauf der Hase selbst, seine Altarme, Wälder, Moore, Wiesen, Städte und Siedlungen, macht einen reizvollen und für den Naturhaushalt bedeutsamen Bestandteil des Emslandes aus. In den vergangenen Jahren wurden mit hohem Finanzaufwand die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der natürlichen Flußdynamik des Haselaufes und auetypischer Biotope in diesem Landschaftsraum geschaffen. Bedeutendster Ort in diesem Bereich ist die Stadt Haselünne. Im Westen verschmelzen beide Niederungsgebiete mit den ausgedehnten Talsandflächen der Emsniederung.

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Entwicklung und Planung

Kaum ein anderer Teil Niedersachsens hat in den vergangenen 50 Jahren einen vergleichbaren Wandel erlebt wie das Emsland. Hier wurden unter Federführung der Emsland-GmbH mit einem Aufwand von ca. 2 Mrd. DM rund 128.000 ha Böden verbessert oder kultiviert, rd. 17.000 ha dräniert, über 6.800 km Vorfluter und Gräben ausgebaut, rd. 700 Flußkilometer reguliert, über 800 km Straßen und 3.300 km Wirtschaftswege angelegt. Außerdem wurden in den zentralen Orten Industrie- und Gewerbeflächen erschlossen. Die Industriedichte im Emsland nahm von 28 (Industriebeschäftigte je 1.000 Einwohner) im Jahre 1950 auf 80 im Jahre 1996 zu. Der Dienstleistungssektor gewann in den letzten Jahren immer mehr an Gewicht.

Trotz der tiefgreifenden strukturellen Veränderungen besteht immer noch ein Arbeitsplatzdefizit. Aufgrund der überdurchschnittlich hohen Geburtenüberschüsse und einem sehr starken Zuzug von Aussiedlern wird sich in den kommenden Jahren die Zahl der jugendlichen Berufsanfänger auf einem sehr hohen Niveau einpendeln. Belastend kommt noch hinzu, daß die emsländische Textilindustrie, aber auch die Erdölbranche, strukturbedingt sinkende Beschäftigungszahlen verzeichnet. Mit wesentlichen Kapazitätserweiterungen ist in den nächsten Jahren - abgesehen vom Dienstleistungssektor - kaum mehr zu rechnen. Trotz unbestrittener Erfolge des Emslandprogramms bleibt daher für die Zukunft die "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" eine der wichtigsten Aufgaben.

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Quelle:
www.emsland.de, Januar 2000


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück