Die Geschichte der Grafschaft Lingen

Die 1493 von Otto und Nikolaus, den Söhnen des Grafen Nikolaus III. von Tecklenburg, als Altersversorgung für ihren Vater von der Grafschaft Tecklenburg abgetrennte Herrschaft Lingen, sollte nach dessen Tod an die Grafschaft Tecklenburg zurückfallen. Bei einer Teilung der Einkünfte und Nutzungsrechte der Grafschaft Tecklenburg zwischen den beiden Söhnen des verstorbenen Grafen Nikolaus III. erhielt Nikolaus der IV. 1496 die Herrschaft Lingen, die spätere Niedergrafschaft, und vermutlich auch die vier Kirchspiele Ibbenbüren, Recke, Mettingen und Halverde mit Brochterbeck, die spätere Obergrafschaft Lingen.

Im Jahre 1515 hatte jedoch der Graf Otto von Tecklenburg wieder die Landeshoheit über die vier Kirchspiele inne. Der genaue Zeitpunkt des Anschlusses dieser vier Kirchspiele und ihre Zugehörigkeit zur Herrschaft Lingen in diesen Jahren ist bis heute umstritten. Unumstritten ist aber, daß zu diesem Zeitpunkt nur eine Teilung der Nutzungsrechte und Einkünfte stattgefunden hatte. Es war keine sog. "Totteilung", also Trennung der Grafschaft Tecklenburg und der Herrschaft Lingen, erfolgt. Zu vermuten ist jedoch, daß in der Zeit der Herrschaft der Grafen Nikolaus III. und IV. sich die Bezeichnung Grafschaft für die Herrschaft Lingen gebildet hat, wie sie dann nach der Trennung von der Grafschaft Tecklenburg auch in offiziellen Schreiben benutzt wurde.

Im Jahre 1518 wurde die Grafschaft Lingen vom Bischof von Münster besetzt, der entflohene Graf Nikolaus übergab, auf der Suche nach Unterstützung, darauf 1526 die Herrschaft Lingen als Lehen an den Herzog Egmont von Geldern. Es ist hierbei zweifelhaft, ob der Graf hierzu überhaupt berechtigt war, denn im Vertrag mit seinem Bruder waren ja nur die Einkünfte und die Nutzungsrechte geteilt worden und nicht die Grafschaft Tecklenburg an sich. Kurzfristig hatte diese Handlung des Grafen auch Erfolg, denn der Bischof von Münster wich einer Machtprobe mit dem Herzog von Geldern aus.

Graf Konrad, Erbe seines Vaters und seines Onkels, unter dessen Herrschaft Tecklenburg wieder vereint war, schloß sich dem Schmalkaldischen Bund und somit der Reformation an. Aber mit Kaiser Karl IV., gleichfalls König von Spanien, Herzog von Burgund und Erbe des Hauses Habsburg, stand ihm ein starker Gegner gegenüber. Als Erbe des Herzogs von Geldern konnte er sich zudem auch als Lehnsgeber der Herrschaft Lingen bezeichnen, welche er dem geldrischen Lehen zuteilte. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung wurde Graf Konrad am 18. Oktober 1546 der Acht unterworfen. Er verlor dadurch zunächst alle seine Güter und Herrschaftsansprüche. 1547 belehnte Karl V. den Grafen Maximilian von Büren u.a. mit der Herrschaft Lingen einschließlich der vier Kirchspiele. 1551 kaufte er sie aber für 120.000 Karlsgulden dessen Tochter wieder ab, nachdem deren Vater verstorben war.

Auch nach Beendigung der Friedensverhandlungen am 5. März 1548 erhielt Graf Konrad nur die Herrschaftsgebiete seines Vaters, Tecklenburg und Rheda, zurück. Die Herrschaft Lingen und die vier Kirchspiele waren verloren. Von diesem Zeitpunkt an war die Grafschaft Lingen ein von der Grafschaft Tecklenburg endgültig getrenntes Herrschaftsgebiet. Mit der Verwaltung des nunmehr Grafschaft Lingen genannten Gebietes betraute Karl V. die Statthalterin der Niederlande, seine Schwester Maria. Dieses Gebiet bildete jedoch keine räumliche Einheit, es wurde durch das weiterhin zu Tecklenburg gehörende Kirchspiel Schale in zwei Teile, in die Ober- und Niedergrafschaft Lingen, getrennt. Der Nachfolger Karls V., sein Sohn König Philipp II., beließ die Verwaltung in den Niederlanden bei seiner Schwester Margarete von Parma.

Im Jahre 1578 übergaben die Generalstaaten der Niederlande, mit der Einwilligung des Kaisers, die Grafschaft Lingen dem Statthalter Willem I. von Oranien als Taufgeschenk. Die genaueren Umstände dieses Taufgeschenkes sind bis heute historisch nicht eindeutig geklärt. Zum Zeitpunkt der Schenkung war die Grafschaft Lingen nicht im Besitz der Generalstaaten, sondern weiterhin in der des Kaisers. Von da an war dennoch die Grafschaft Lingen eng mit dem Schicksal des oranisch-nassauischen Königshauses verbunden und somit auch Leidtragende im 80 Jahre dauernden Spanisch-Niederländischen Krieg.

Erst 1597 war der Sohn von Willem, Moritz von Oranien, in der Lage, Lingen zu besetzen. Dem Kriegsglück entsprechend wechselten sich in den folgenden Jahrzehnten die Beherrscher der Grafschaft Lingen ab. Damit verbunden war jedesmal ein Wechsel der Verwaltung und der Konfession des Landesherrn, welche dieser dann auf die Einwohner der Grafschaft zu übertragen versuchte. Die Grafschaft war während dieser Zeit wechselseitigen Plünderungen von der einen oder anderen Kriegspartei ausgesetzt. Aus dieser Zeit sind jedoch kaum Erwähnungen Mettingens im Zusammenhang mit Kriegshandlungen zu finden, die größere Entfernung zu den damaligen Hauptverkehrswegen war für Mettingen sicherlich von Vorteil. Es ist jedoch falsch, vom Fehlen schriftlicher Belege auf eine vollkommene Verschonung des Ortes zu schließen.

Am 19. August 1605 eroberten die kaiserlich-spanischen Truppen Lingen zurück. Bis zum 6. Januar 1633 befand sich die Grafschaft Lingen in kaiserlicher Hand. In dieser Zeit gab es eine starke gegenreformatorische Bewegung, welche wieder die katholische Konfession unterstützte. Nach 1633 wurde die Grafschaft erneut oranischer Besitz, zunächst treuhänderisch bis zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges 1648, danach als oranischer Besitz bis 1702, nur unterbrochen von einer zweijährigen Besetzung der Grafschaft Lingen durch den Bischof von Münster 1672-1674.

In der Zeit nach 1674 setzten starke reformatorische Bestrebungen ein, die jedoch in der katholischen Grafschaft auf Wiederstände stießen. Zu berücksichtigen ist dabei, daß, bedingt durch die politisch-geographisch Lage, die katholischen Einwohner der Grafschaft über Unterstützung in Fragen der Religion außerhalb der Grafschaft und über Ausweichmöglichkeiten beim Feiern der katholischen Gottesdienste verfügten. Die Grafschaft war von katholisch münsterischen und osnabrückischen Landen sowie dem weniger strengen evangelischen Tecklenburger Gebiet umgeben. Die Einwohner Mettingens verließen die Obergrafschaft Lingen entweder in Richtung Norden zum Hochstift Osnabrück oder in Richtung Osten nach Westerkappeln in der Grafschaft Tecklenburg, um dort ihre Gottesdienste zu feiern .

In diesem Zusammenhang verweisen sowohl Rickelmann (S. 426) als auch Goldschmidt (S.240) auf Gottesdienste auf einem Westerkappelner Kamp namens Hermeling Rott (Rickelmann mundartlich Hiemmelkroat), auch Helmigrode (Goldschmidt) genannt. Dieser Kamp könnte mit dem Flurnamen hinter den Himmlingrot (Urkataster) identisch sein.

Am 25. März 1702 übernahm der preußische König die Regentschaft in der Grafschaft Lingen, nachdem am 17. März 1702 Willem III., Statthalter der Niederlande, kinderlos verstorben war. Im Testament seines Vaters war festgelegt worden, daß, sollte Willem kinderlos sterben, seine ältere Schwester Luise Henriette Erbin der oranischen Besitztümer sein sollte. Sie war verheiratet mit dem Kurfürsten Friedrich von Brandenburg. Ihr Sohn, Friedrich I. von Preußen, sicherte sich daraufhin unverzüglich die Grafschaft Lingen, obwohl die Generalstaaten protestierten. Im Jahre 1707 wurde Lingen sodann mit dem inzwischen ebenfalls preußischen Tecklenburg vereinigt. Lingen wurde nun Sitz der Lingisch-Tecklenburgischen Regierung. Nach diesem Wechsel in der Landeshoheit setzte schrittweise auch eine Verbesserung in Fragen der Religionsausübung in der Grafschaft ein. Schrittweise wurde den Katholiken im Verlauf der folgenden 100 Jahre die Religionsausübung gestattet.

Während der Napoleonischen Kriege wurde auch die Grafschaft Lingen von französischen Truppen besetzt. Sie wurde zunächst dem Großherzogtum Berg (Mettingen ab 1808-13.12.1810), später direkt dem französischen Staatsgebiet (Mettingen ab 13.12.1810) zugeschlagen. Im Jahre 1813 übernahm Preußen erneut die Herrschaft, trat aber die Niedergrafschaft Lingen an das Königreich Hannover ab, während es die Obergrafschaft Lingen mit dem preußischen Westfalen verband.

Infolge des Sieges der Preußen im österreichisch-preußischen Krieges gelangte auch das Königreich Hannover 1866 unter preußische Kontrolle und somit die Niedergrafschaft erneut an Preußen.

Die oranischen Landvermessungen

Zweck der Landvermessungen war es, die Einkünfte aus der Grafschaft Lingen zu erhöhen, da die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Niederländern und Spaniern einen hohen Kostenaufwand verursachten. Eine Bestandsaufnahme aller eigenbehörigen Güter sowie die damit verbundenen Abgabeverpflichtungen aus der Zeit um 1550, genannt "Beschrivinge", entsprach diesen Erfordernissen nicht mehr. Aus diesem Grunde sollte eine genaue Neuvermessung des gesamten Saatlandes erfolgen.

Die oranische Landvermessung von 1604/05

Text des Titelblattes des Vermessungsprotokolls der Obergrafschaft Lingen .

Dit ist dat boeck vande zaylanden in spetie van die vier caspelenn offte overheerlicheit Linghen. Componeert in twee deelen, waervan ditselve het t'weede deel is. [...] Dit tweede deel begript in hem allen saylanden in spetie besonder haer gewontlicke naeme, ock waer dieselve geleegen, ock aen wat landt off geleegenheyt beswettet gelyckfals ock de groote ter rechter uthgetoogen van scheepels, roeden ende voetten. Unde jedermans landt int besonder soo veele hy oock hebbe allen stucken by eengedragen; affter jederen stuck zyne grotte offte inholt [...] Sampt die narichtinge derselver landen in speetie te soecken in dit tweede boeck met numero ter lincker ende met folien ter rechter zyden bouven geteikent. Claerlycken beschreven ende tsaemen gedraegen.

Door Meester Gerrit Everts, piloot ingenieur, architecte et geometer der stadt Embden, anno 1605 adj 20. Aprillis vollendet.

Die Akten dieser ältesten Landvermessung der Grafschaft Lingen aus den Jahren 1603-1605 werden im Staatsarchiv Osnabrück (StA Os) verwahrt. Vermessen wurde nur das Saatland, im Gegensatz zu der rund 80 Jahre jüngeren Vermessung, bei der nicht nur die Äcker, sondern auch Gärten, Wiesen, Weiden und Holzungen berücksichtigt wurden. Die große Bedeutung der Vermessung von 1604 besteht darin, daß sie zu einem Zeitpunkt erfolgte, bevor die Markenteilungen in vollem Umfang eingesetzt hatten und damit die erste entscheidende Veränderung in den jahrhundertelang gewachsenen Besitzverhältnissen und Nutzungsbedingungen eintrat . Die Sprache der Landvermessung von 1604/05 "...ist ein N(ieder)l(ändisch), das mit gelegentlichen o(st)n(ieder)l(ändische) / n(ieder)d(eutschen) Elementen durchsetzt ist, wie z.B to vor O(rts)n(amen)... ". Die Daten der oranischen Landvermessung von 1604/05 für das Kirchspiel Ibbenbüren wurden bereits 1993 von Gunter Müller veröffentlicht. Diese Arbeit war auch die Anregung dafür, die Mettingen betreffenden Vermessungsdaten zu editieren .

Im Gegensatz zu der Arbeit von Müller wurde entschieden, bei dieser Arbeit nicht das Feldregister , sondern das Besitzerregister zu veröffentlichen. Es wird für den vorwiegend aus Mettingen stammenden Leser als aufschlußreicher betrachtet. Diese wertvolle sozialgeschichtliche Quelle enthält für jeden Landbesitzer ein Verzeichnis aller seiner Saatlandgrundstücke. Ihr nachgeordnet ist eine Zusammenfassung des Besitzerregisters, das Kurzregister . In ihm werden die Höfe, deren Gesamtgröße und ein Querverweis zum Besitzerregister aufgeführt.

Das Feldregister, auch als Protokollbuch bezeichnet, ist das Verzeichnis der einzelnen Parzellen in der Reihenfolge, in der sie tatsächlich vermessen wurden. Von allen Verzeichnissen sind drei Exemplare überliefert, die vom ausführenden Geometer autorisiert worden sind. Mit dieser Arbeit wurde der Emdener Geometer Gerard Evers Piloot beauftragt . Den Anfang der Vermessung machte im Herbst 1603 das Kirchspiel Brochterbeck in der Obergrafschaft Lingen. Während dieser Vermessung wurden auch die ersten Schwierigkeiten deutlich. Offensichtlich fehlte es an Unterstützung durch die lingensche Verwaltung und an einer ausreichenden Zahlungsmoral derselben. Daraufhin gab es einen, die Landvermessung betreffenden Schriftwechsel vom 12.1.1604. In diesem als "Memorial" bezeichneten Brief stellt Everts folgende Forderungen auf:

  1. Offizielle Auftragserteilung und somit Steigerung seiner Autorität sowie Anweisung an den Drosten und seine ihm unterstellten Beamten, ihn zu unterstützen.
  2. Anwesenheitspflicht für einige Bewohner des gerade zu vermessenden Kirchspiels sowie von Beamten, um so die zu vermessenden Felder den entsprechenden Besitzern zuordnen zu können.
  3. Kostenabrechnung nach jeder vermessenen Bauerschaft.
  4. Bereitstellung eines Wagens zur Reiseerleichterung.
  5. Anwesenheitspflicht für Vögte und Bauerschaftsvertreter während der Vermessung.
  6. Nötigenfalls Bereitstellung einer Wache zum Schutz seiner Person.
  7. Für die Zeit, in der eine Vermessung nicht erfolgen könne, weil z.B. das Korn zu hoch stünde, solle ihm gestattet werden, eine Karte der Vermessung anzufertigen.
Diesen Forderungen von Everts wurde stattgegeben. Von welcher Stelle die genaue Anordnung ausging, daß Rentmeister, Syndicus und Ritterschaft sowie der Vogt des gerade zu vermessenden Kirchspiels und zwei täglich wechselnde Zeugen anwesend sein sollten, ist jedoch unklar. Sicher ist jedoch, daß am 12. Februar 1604 der Auftrag an Everts erteilt wurde, mit der Vermessung zu beginnen. Everts wurde hierin beauftragt, die "Heerlycheyt van buerschap tot buerschap ...te meten ende te carteeren...", die Drosten und Beamten jedoch wurden angewiesen ihn "...alle behulp ende assistentie te doen".

Besonders wichtig schien Everts hierbei die Beteiligung der örtlichen Beamten und Bauerschaftsvertreter gewesen zu sein, da er dieses, in Punkt zwei und Punkt, fünf zweimal fordert. Es ist davon auszugehen, daß sich während der Vermessung des Kirchspiels Brochterbeck deren mangelnde Unterstützung als das schwerwiegendste Problem herausgestellt hatte. Inwieweit die von Everts gestellten und von der Regierung offensichtlich unterstützten Forderungen auch umgesetzt wurden, ist zweifelhaft. Ansonsten wäre seine Unsicherheit bei der Vermessung der Parzelle 56 in der Westerbauerschaft nicht zu erklären.

Hier lautet sein Eintrag, "ein braemcamp...old drees...darom ongemeten plaetz gelaeten ", es folgen Leerzeilen für spätere Eintragungen. Diese Unsicherheit bei der Vermessung einer Reihe von Parzellen zeigen Everts Probleme vor Ort. In der Regel unterblieb die Vermessung des "alten Drieschlandes" (verwildertes Ackerland). Die Tatsache, daß Einträge wie der obige dennoch vorgegenommen wurden, ist ein Indiz dafür, daß die Besitzer nicht immer wahrheitsgemäße Angaben über ihre Parzellen machten, ihnen der Landmesser zumindest gelegentlich mißtraute, im vorliegenden Fall also, ob es tatsächlich verwildertes, also endgültig aufgegebenes Ackerland war, oder ob der Bauer es später nicht doch wieder umbrechen würde. Es lag ja im Interesse der Bauern, möglichst wenig von ihren Grundstücken als Saatland vermessen zu lassen, um damit die Abgabenpflicht so niedrig als möglich zu halten.

Sicher ist, daß Everts seinerseits auch mit Geldproblemen zu kämpfen hatte. Noch am 12. Juli 1609 mahnte er dreihundert brabantische Gulden für die Anfertigung eines Doppelexemplares der Vermessungsakten an, und eine Karte, wie er sie in Punkt sieben seiner Forderungen anbot, kam offensichtlich auch zustande . Trotz dieser Schwierigkeiten erfolgte im Kirchspiel Mettingen in der Zeit vom 16. November 1604 bis 11. Dezember 1604 die Vermessung.

Die Gemeinde Mettingen erscheint in der Landvermessung Everts unterteilt in zwei Bauerschaften, die Oster- und die Westerbauerschaft. Begonnen hat er am 16. November mit der Vermessung to Wee (in Wiehe) in der Oosterbur (Osterbauerschaft) . Der letzte Datumseintrag seiner Vermessung in der Osterbauerschaft stammt vom 29. November 1604 , sie endete mit dem Westeresch . Seine Vermessung in der Westerbauerschaft begann er am selben Tag mit dem Colesch . Der letzte Datumseintrag in der Westerbauerschaft ist der 11. Dezember 1604 , hier beendete er die Vermessung auf dem Berentelgteresch . In dieser Zeit hatte er eine Fläche von ca. 4.502 Scheffelsaat, das sind ca. 567,55 ha, vermessen. Am 22. April 1605 hatte Everts bereits die Vermessung der Obergrafschaft Lingen abgeschlossen und erklärte seine Bereitschaft, nun mit der Vermessung der Niedergrafschaft Lingen zu beginnen. Er bat allerdings, daß man ihm einen zweiten Landvermesser zur Verfügung stellen möge, um so schneller die Arbeit beenden zu können.

Die erneute Besetzung der Grafschaft durch spanische Truppen beendete jedoch zwangsläufig seine Tätigkeit (s.o.). Erst 1616 wurde sie erneut aufgenommen. Diese Vermessung der Niedergrafschaft Lingen, welche Everts am 20. März 1604 im Kirchspiel Lingen begonnen hatte, wurde durch den Landvermesser und Notar Egbert Wantscher vollendet, zuvor gab er an, durch Everts in die Kunst der Landvermessung eingewiesen worden zu sein. Die benutzte Vermessungstechnik, welche Everts und Wantscher anwendeten, entsprach den damaligen Möglichkeiten. Everts verwendete sog. Ketten. Diese Ketten wiesen Maßeinteilungen auf, die von den Gehilfen an den Grundstücksgrenzen entlanggezogen wurden, um die Längen zu ermitteln. Bei krummen Feldgrenzen teilte man diese in Geraden ein, um berechenbare Teilflächen zu erhalten.

Ähnlich ging man bei der Vermessung von nicht rechtwinkligen Vierecken oder Polygonen vor. Everts unterteilte diese Grundstücke in dreieckige oder rechtwinklige Flächen, um so eine Gesamtfläche berechnen zu können. Zur Markierung und Abtrennung der Flächen rammte man Pflöcke (baken) in das Erdreich. Areale, die innerhalb der vermessenen Parzellen nicht als Ackerland nutzbar waren, z.B. Baumgruppen, Heideflächen oder sog. altes Drieschland, also verwildertes Ackerland, wurden auf ihre Größe geschätzt und von der gemessenen Fläche abgezogen. Nur echtes Drieschland, das nach einer gewissen Brachzeit wieder zu Ackerland umbrochen werden sollte, wurde vermessen und in die Verzeichnisse aufgenommen. Dies geschah meist in der Form, daß nur die Flächengröße ohne Flurnamen aufgeführt wurde, diesen Angaben stellte Everts zur Kennzeichnung ein "d" voran. Bei unwegsamem Gelände oder auch bei sehr kleinen Flächen kam es vor, daß Everts diese nicht ausmaß, sondern die Parzellen schätzte. Die von Everts verwendeten lingenschen Maße waren das Scheffelsaat, die Rute und der Fuß.

Die bis dahin benutzte kleinste Lingener Maßeinheit war der halbe Lingener Fuß, 16,5 cm, er ist in den Protokollbüchern abgebildet worden . Der Lingener Fuß bildete normalerweise die Bezugseinheit für alle größeren Maßeinheiten. 14 Fuß ergaben eine Rute (4,62 m), eine Quadratrute ergab somit ca. 21.34 m2 und 60 Quadratruten ein Scheffelsaat, also ca. 1260,66 m2, dies entspricht etwas mehr als der Hälfte eines heutigen großen Morgens (2500m2). Everts modernisierte jedoch die Maßeinteilung durch die Einführung des Dezimalsystems für die Maßeinheit Fuß. Er unterteilte die 4,62 m lange Rute nicht in 14, sondern in 10 Fuß. Dadurch ergab sich, daß für seine Berechnungen der Fuß mit 46,2 cm und nicht wie der ursprüngliche Lingener Fuß mit 32 cm anzusetzen ist. Eine weitere von Everts vorgenomme Unterteilung in jeweils 10 Daumen für einen Fuß, also 4,6 cm für einen Daumen, erwies sich als nicht sinnvoll und taucht nur zu Beginn der Ibbenbürener Vermessung auf.

In dem hier veröffentlichten Besitzerregister der Landvermessung werden die Flurnamen und Flächenangaben, sortiert nach Bauerschaften, Landbesitzern (Höfen) und unterteilt in die Kategorien Erben, Halberben, Kötter und Brinksitzer, wiedergegeben. Die Verweise auf das Feldregister, die in den Originalen den Flurnamen folgen, sind in diese Edition nicht aufgenommen worden. Zur besseren Orientierung und Nutzung des Registers ist den Ordnungszahlen der Besitzer ein "O" für Osterbauerschaft oder ein "W" für Westerbauerschaft hinzugefügt worden, des weiteren wurden die Parzellen eines Besitzers durchgehend numeriert. Die Transkription erfolgt in der Art, daß das konsonantisch gebrauchte "u" als "v" wiedergegeben wurde, also Levedach anstelle von Leuedach. Die in dieser Zeit häufige Schreibung der Zeichenkombination "ij" und des "y" mit zwei darübergesetzten Punkten wird einheitlich mit "y" wiedergegeben. Zudem wurden die in der oranischen Landvermessung von 1683 unregelmäßig vorkommenden Abkürzungen "t." für tusschen, "St." für Stuck und "Saetl." für Saetland entsprechend den hier gegebenen Beispielen aufgelöst, die Abkürzungen der Handschrift sind jedoch weiterhin an ihrer kursiven Schreibweise zu erkennen (z.B. Saetland).

Im Sinne der sog. "gemäßigten Angleichung" werden nur die Familien- und Ortsnamen in Großschreibung wiedergegeben. Bis auf unzweifelhafte Flurnamen, die durch einen Zusatz im Original eindeutig als solche erkennbar sind, z.B. "... genanndt", wird für alle anderen Wörter, auch für die Flurnamen, die Kleinschreibung verwendet. Diese, von der historischen Editierungspraxis abweichende Form ist gewählt worden, um Fehlinterpretationen zu verhindern, da nicht immer deutlich wird, ob es sich um einen Flurnamen oder um eine Flurbeschreibung handelte.

Der vor dem Besitzerregister abgebildete Textauszug ist der Beginn des Besitzerverzeichnisses für die Gemeinde Mettingen aus der oranischen Landvermessung von 1604/05.

Die oranische Landvermessung von 1683

Die 1683 in der Gemeinde Mettingen durchgeführte oranische Landvermessung hatte denselben Auftraggeber und die dieselbe Intention wie die Landvermessung von 1604/05. Zur Steigerung der Steuereinnahmen war insbesondere eine Vervollständigung und Neuerfassung der Landbesitzer und ihres Besitzes nach den folgenreichen Ereignissen der vorangegangenen Jahren notwendig geworden. Zudem sollten bei dieser Landvermessung nicht nur das Ackerland, sondern auch Wiesen- und Weideland sowie die Holzungen und das Unland erfaßt werden, möglichst mit einer Beschreibung der Bodenqualität.

Diese erfolgte in der Form, daß dem Flurnamen ein Buchstabe vorangestellt wurde G(ut), M(ittel) und S(chlecht) oder eine Kombination aus diesen Kürzeln, z.B. 1/3 G(ut) 1/3 M(ittel), 1/3 S(chlecht). In den Gruppen Holtz und Weyde sind zudem die Kennzeichnungen H(oltz) und O(rthland) zu finden. Ursprünglich geplante genauere Qualitätskennzeichnungen erfolgten nicht. Die vermessene Fläche betrug 9.083 Scheffelsaat , dies entspricht 1.145,06 ha. Wiederum fanden sich nur auswärtige Geometer, die diese Aufgabe erfüllen konnten. Aus diesem Grunde wurden mit der Landvermessung Jobst Henrich Diestel und Ernst Henrich Budden aus dem seit 1648 preußischen Petershagen, Fürstbistum Minden, beauftragt.

Die Vermessung der gesamten Grafschaft erfolgte im Zeitraum vom 15. Juni 1682 bis zum 19 Oktober 1685. Die Sprache der Landvermessung ist aus diesem Grunde für das oranische Lingen ungewöhnlich. Es handelt sich um eine niederdeutsch/hochdeutsche Mischform. Insbesondere ist auffällig, daß die Parzellen vorwiegend durch die Angabe der Grundstücksnachbarn beschrieben wurden und erst an zweiter Stelle durch eine Lagebeschreibung oder durch Angabe von Flurnamen. Die Grundstücksbeschreibungen sind sehr formelhaft und in hohem Maße standardisiert, so daß einige Formulierungen immer wieder benutzt werden. Das verwendete Ordnungskriterium der Vermessung entspricht dem Besitzerregister der oranischen Landvermessung von 1604/05, Höfe, unterteilt nach Erben, Halberben, Kötter und Brinksitzer sowie einer Auflistung der dem Hof gehörenden Parzellen.

Abweichend von 1604/05 werden diese Parzellen nochmals nach ihrer Nutzung unterteilt in Äcker (Saetlandt), Wiesen (Wisch), Weiden und Holtzungen (Wisch und Holtz) sowie Unland (Orthlandt)/ O(nlandt). Eine Besonderheit der Mettinger Vermessung ist das Fehlen einiger Seiten im Original. Daß die betreffenden Fluren vermessen und verzeichnet worden sind, ist deutlich erkennbar, da die Seiten nachträglich aus der Bindung entfernt wurden. Wann und aus welchen Gründen dies geschah, ist nicht mehr zu rekonstruieren. Im hier gegebenen Abdruck des Registers wird auf diese Stellen nochmals hingewiesen. Aus den oben beschriebenen Gründen ist die Bedeutung dieser Quelle für die Flurnamenforschung nicht so groß wie die der oranischen Landvermessung von 1604/05. Die Landvermessung von 1683 ermöglicht jedoch Rückschlüsse auf die Entwicklung der Gemeinde Mettingen für einen Zeitraum, der durch den Dreißigjährigen Krieg geprägt wurde. Vor allem bietet sie, ähnlich wie die Vermessung von 1604, einen vollständigen Überblick über die Höfe und ihre grundherrschaftliche Zugehörigkeit zu Ende des 17. Jahrhunderts.

Zwischen 1604 und 1683 haben sich bei den Hof-/Familiennamen einige auffällige Wandlungen vollzogen. Außerdem lassen sich auch Zusammenlegungen von Flächen beobachten. Während 1604/05 noch vier, offensichtlich verwandschaftlich miteinander verbundene Familien namens Soest erscheinen, findet sich 1683 nur noch ein Landbesitzer namens Soestmeyer. Neben der häufiger zu beoachtenden Namenerweiterung auf -meyer oder auch -mann ist hier zudem ersichtlich, daß Soest(meyer) nun auch Land zu eigen hatte, welches 1604/05 anderen Zweigen der Familie gehörte.

Vermutlich infolge der Kriegswirren ist es also zu Abwanderungen und zu Neuansiedlungen auf frei gewordenen Hofstellen gekommen. Dies ist auch ein Grund, weshalb im Höferegister besonders bei der Gruppe der Brinksitzer nicht alle Hofstellen zurückverfolgt werden konnten.

Wir bedanken uns ganz herzlich bei Frank von Hagel, der uns diesen Artikel zur Verfügung gestellt hat.


Frank von Hagel ist Historiker, Buchautor und Schriftführer im "Arbeitskreis Familienforschung" Osnabrück.
Der obige Text ist eine Passage aus seinem Buch "Die Flurnamen der Gemeinde Mettingen", das im Frühjahr 1997 erscheinen wird.
Ein Muß für jeden, der mehr über die Geschichte dieser Region erfahren möchte.

Manfred Hanenkamp


Quelle:
www.eol.de/emsland/grafs-lin.htm, Januar 2000


Quelle: www.heimatarchiv.de zurück